Einführung der elektronischen Geschäftslizenz

30.08.2019

Die elektronische Geschäftslizenz

 

Die Geschäftslizenz in China ist der Identitätsnachweis eines Unternehmens. Auf der Geschäftslizenz sind die Basisinformation wie Name, Adresse, gesetzlicher Vertreter, Gründungsdatum usw. eingetragen. Im Rahmen der „digitalen Welle“ versuchen auch die chinesischen Behörden Vorgänge durch eine digitale Bearbeitung effizienter zu gestalten. Vor diesem Hintergrund wurde seit Kurzem die sog. “elektronische Geschäftslizenz” in der Praxis eingeführt. In Beijing verlangen die Behörden seit dem 15. April 2019 bei neu gegründeten Unternehmen die Ausstellung einer elektronischen Geschäftslizenz.

Im April 2018 wurde die elektronische Geschäftslizenz als Pilot Projekt zunächst in der Tianjin Pilot Free Trade Zone und in den Städten Nanjing, Zhenjiang, Suqian sowie Lianyugang der Jiangsu Provinz eingeführt. Durch eine Mitteilung der State Administration for Market  Regulation („AMR“) vom 17. Dezember 2018 wurde die elektronische Geschäftslizenz schließlich landesweit erstreckt.

 

1. Was ist eine elektronische Geschäftslizenz?

 

Die elektronische Geschäftslizenz ist ein elektronisches Identifikationszertifikat für ein Unternehmen. Diese hat die gleiche Wirkung wie die klassische Geschäftslizenz in Papierform. Über die WeChat- oder Alipay-App kann die elektronische Geschäftslizenz kostenlos auf ein Handy heruntergeladen werden. Mit dem QR-Code oder Barcode auf der elektronischen Geschäftslizenz können die Behörden die Identität des jeweiligen Unternehmens verifizieren.

Ziel der Einführung der elektronischen Geschäftslizenz ist es, eine landesweite Identitätsüberprüfung für Markteilnehmer zu vereinfachen.  Außerdem sollen in Zukunft möglichst viele behördliche Angelegenheiten online durchgeführt werden können (siehe unten unter 2).

Die elektronische Geschäftslizenz gilt für verschiedene Arten von Unternehmen (inklusive WFOE, JV, Branch Office usw.). Aktuell ist die elektronische Geschäftslizenz nur eine zusätzlich “elektronische Version“ der Geschäftslizenz. Die klassische Geschäftslizenz in der Papierform wird nicht abgeschafft.

 

2. Wofür benötigen die Unternehmen die elektronische Geschäftslizenz?

 

Die elektronische Geschäftslizenz kann insbesondere für die folgenden Angelegenheiten verwendet werden, bei denen die Unternehmen ihre Identität nachweisen bzw. die Geschäftslizenz vorlegen müssen.

a) Einloggen auf der jeweiligen Behördenwebseite zur Abwicklung von behördlichen Vorgängen (z.B. Abgabe der Steuererklärung, Abfuhr der Sozialversicherung, Durchführung der Jahresprüfung usw.).

b) Einloggen auf anderen öffentlichen Webseiten oder Plattformen im Namen des Unternehmens.

c) Anzeige der Registrierungsinformation auf der Website des Unternehmens (z.B. im Falle des Betriebs eines Online-Shops).

d) Andere Angelegenheiten, bei denen die Identität des Unternehmens geprüft bzw. die Geschäftslizenz vorgelegt werden muss.

 

3. Wie erhalten Unternehmen die elektronische Geschäftslizenz?

 

Bei der Gründung eines Unternehmens werden die Unternehmensdaten automatisch im Online-System der AMR gespeichert. Die elektronische Geschäftslizenz muss daher nicht extra beantragt werden. Sie muss lediglich durch ein Herunterladen auf dem Handy “aktiviert” werden.

Das erste Herunterladen der elektronischen Geschäftslizenz muss immer vom gesetzlichen Vertreter des Unternehmens persönlich über die WeChat- oder Alipay-App durchgeführt werden. Nach jeder Änderung der Registrierungsinformationen (z.B. bei Änderung der Adresse des Unternehmens) muss die Geschäftslizenz persönlich vom gesetzlichen Vertreter erneut heruntergeladen werden.

Die elektronische Geschäftslizenz ist immer an das Handy gebunden, auf dem sie gespeichert wurde. Bei der Verwendung eines neuen Handys muss die elektronische Geschäftslizenz erneut heruntergeladen werden. Die elektronische Geschäftslizenz auf dem alten Handy wird dann ungültig.

Sofern der gesetzliche Vertreter ein chinesischer Staatsbürger ist, kann dieser direkt nach einer sog. Online-Authentifizierung die elektronische Geschäftslizenz auf das eigene Handy herunterladen. Eine Online-Authentifizierung ist aktuell bei Ausländern noch nicht möglich. Nach der aktuellen Praxis in Beijing muss sich ein ausländischer gesetzlicher Vertreter daher noch persönlich mit dem originalen Reisepass bei der AMR identifizieren lassen, bevor er die elektronische Geschäftslizenz auf das eigene Handy herunterladen kann. Die elektronische Geschäftslizenz kann schließlich nur auf ein Handy mit einer chinesischen Mobilfunknummer heruntergeladen werden.

Neben dem gesetzlichen Vertreter können auch die von ihm bevollmächtigen Personen (sog. Lizenzverwalter und Sachbearbeiter) die elektronische Geschäftslizenz herunterladen und verwenden. „Lizenzverwalter“ sind Personen, die gemäß einer Bevollmächtigung des gesetzlichen Vertreters die elektronische Geschäftslizenz allgemein verwalten und benutzen können. „Sachbearbeiter“ sind Personen, die gemäß der Bevollmächtigung die Geschäftslizenz nur für bestimmte Zwecke (z.B. für die Abfuhr von Steuer oder Sozialversicherung) verwenden können.

Die Bevollmächtigung erfolgt ebenfalls über die WeChat- oder Alipay-App. Nach der aktuellen Praxis in Beijing können nur chinesische Staatsbürger bevollmächtigt werden. Auch die „Lizenzverwalter” und „Sachbearbeiter“ müssen vor dem Herunterladen der elektronischen Geschäftslizenz eine sog. Online-Authentifizierung durchlaufen.

 

4. Müssen die Unternehmen zwingend die elektronische Geschäftslizenz herunterladen?

 

Bestehende Unternehmen in Beijing, die vor dem 15. April 2019 gegründet wurden und bereits über das bisherige sog. digitale Zertifikat verfügen (auf Chinesisch: „法人一证通“), können aktuell noch ohne die elektronische Geschäftslizenz ohne weiteres die behördlichen Vorgänge wie Steuererklärung sowie Sozialversicherungsangelegenheiten online durchführen. Bestehende Unternehmen können die elektronische Geschäftslizenz daher auf freiwilliger Basis herunterladen. Im Sinne einer langfristigen Planung kann es aber auch bei bestehenden Unternehmen durchaus Sinn machen, die elektronische Geschäftslizenz zu beantragen. Denn der zukünftige Anwendungsbereich der Lizenz könnte noch erweitert werden.

Für Unternehmen in Beijing, die nach dem 15. April 2019 gegründet wurden, wird das bisherige digitale Zertifikat „法人一证通“ nicht mehr ausgestellt. Das bedeutet, dass diese Unternehmen faktisch die elektronische Geschäftslizenz herunterladen müssen. Ansonsten können die Unternehmen die behördlichen Vorgänge nicht mehr online durchführen, sondern müssen die Vorgänge persönlich am Schalter erledigen.

Die lokale Praxis ist hier noch nicht einheitlich. Das kann u.a. bedeuten, dass die elektronische Geschäftslizenz an anderen Standorten für die digitale Bearbeitung von behördlichen Vorgängen nicht zwingend ist.

 

5. Was müssen Unternehmen mit einem ausländischen gesetzlichen Vertreter machen?

 

Für Unternehmen mit einem ausländischen gesetzlichen Vertreter, der sich nicht häufig in China aufhält, ist das Verfahren zur Beantragung der elektronischen Geschäftslizenz mit einem gewissen Aufwand verbunden (siehe oben 3). Zur Vorbereitung der Reise des gesetzlichen Vertreters nach China kann das jeweilige Unternehmen bereits eine chinesische Mobilfunknummer und ggf. auch ein separates Handy erwerben. Die Nummer gilt dann gleichzeitig auch als Kontaktnummer des gesetzlichen Vertreters für die chinesischen Behörden.